Batterie-Ladung optimieren
In Vorbereitung auf meinen vermutlich im August 2021 gelieferten Nugget Plus AD habe ich mich durch viele tausend Thread-Beiträge gelesen.
Man findet im nuggetforum sehr viel Für und Wider zu allen möglichen Punkten – von der Kaffee-Zubereitung über Umbauten bis zur "Umprogrammierung" der standardmäßig eingestellten Fahrzeugwerte via FORScan.
Das ist gut so, denn es wird dadurch deutlich, dass jeder eine eigene Meinung dazu hat, wie ein idealer Nugget aussehen soll.
DEN einen GANZ TOLLEN Nugget gibt es nicht ... es gibt viele ganz tolle Nuggets!
So manche Threads lassen sich für Laien nur schwer verstehen. Dies betrifft insbesondere die Threads zur Elektrik und Elektronik des Nugget. Hier tauschen sich häufig Fachleute aus – so wie in diesem Thread, in den ich meinen Beitrag gehängt habe (@tourneo - bitte umhängen, falls er deiner Ansicht nach nicht hierher "zu den Fachleuten" passt).
Ein Elektrik- oder Elektronik-Fachmann bin ich nicht (auch wenn mein Vater Elektriker war).
Trotzdem hätte ich gerne einen für mich ganz tollen Nugget, was die Elektrik und Elektronik angeht.
Das geht sicherlich einigen hier im nuggetforum ähnlich.
Daher habe ich einmal – laienhaft ... und damit hoffentlich für jedermann verständlich – zusammengefasst, was ich aus den vielen Diskussionen zur Batterie-Ladung bzw. Strom-Versorgung des Nugget "gelernt" habe.
Der Nugget wird von Westfalia gut gebaut, auch bezüglich der Elektrik. Man muss also nichts ändern.
Dies heißt aber nicht, dass man – wenn man dies will – nicht noch Optimierungen vornehmen (bzw. von Fachleuten vornehmen lassen) könnte.
Es geht in diesem Beitrag also nicht um den "Sinn" der einen oder anderen Maßnahme, sondern einzig darum, welche Optimierungen nach meinem derzeitigen Wissensstand aufgrund der gelesenen Beiträge möglich sind.
Was wer an seinem Nugget als "sinnvoll" oder als "unsinnig" betrachtet, sollte jeder selbst wissen.
Ich bitte die Fachleute, diese Zusammenstellung zur Optimierung der Strom-Versorgung einmal zu überprüfen.
Optimierung 1: Trennrelais austauschen
Ein Relais ist ein in der Regel automatisch arbeitender Schalter, der zwischen zwei (oder mehr) Zuständen umschalten kann. Im Nugget ist unter anderem ein Batterie-Trennrelais verbaut.
Ein Batterie-Trennrelais ist erforderlich, wenn neben einer Starter-Batterie auch eine Zweit-Batterie eingebaut ist.
Im Nugget sind unter dem Fahrersitz mindestens eine Starter-Batterie (bei neueren Nuggets zwei) und unter dem Beifahrersitz zwei Wohnraum-Batterien (als Versorgungs-Batterien) eingebaut.
Starter-Batterien sind so entwickelt worden, dass sie kurzzeitig einen hohen (Start-)Strom abgeben können, Versorgungs-Batterien sind dagegen so entwickelt worden, dass sie langfristig und dauerhaft sogenannte "Verbraucher" im Wohnraum eines Wohnmobils (wie z.B. die Kühlbox im Nugget) betreiben können.
Starter-Batterien und Wohnraum-Batterien sind somit technisch unterschiedliche Systeme.
Das Trennrelais sorgt dafür, dass die beiden Batterie-Arten – Starter-Batterien und Wohnraum-Batterien – zwecks Strom-Nachladens zusammengeschaltet werden.
Eigentlich sollten sie danach wieder getrennt werden, denn die stärker aufgeladenen Batterien würden sonst an die schwächer aufgeladenen Batterien Strom abgeben. Das sie automatisch getrennt werden, ist beim Nugget nicht der Fall.
Schon beim Einschalten der Zündung wird das standardmäßig von Westfalia im Nugget verbaute Trennrelais aktiviert und die Starter-Batterien werden mit den Wohnraum-Batterien zusammengeschaltet.
Beim darauffolgenden Startvorgang unterstützen die Wohnraum-Batterien die Starter-Batterien und liefern einen nicht unerheblichen Beitrag zum Start-Vorgang. Die Wohnraum-Batterien sind aber Versorgungs-Batterien und nicht für den Zweck als Starter-Batterien gebaut. Daher verlieren sie durch dieses Vorgehen auf Dauer vorzeitig an Leistung.
Seit 2006 werden im Nugget die Wohnraum-Batterien "zu früh" hinzugeschaltet, sprich, sobald die Zündung eingeschaltet wird, um den Motor zu starten.
Ziel aber sollte sein, dass, wenn die die Zündung eingeschaltet wird, NICHT Strom aus den Wohnraum-Batterien in Richtung Starter-Batterien fließt.
Auch sollte es umgekehrt NICHT sein, dass, wenn die Zündung an ist, Strom von den Starter-Batterien in Richtung Wohnraum-Batterien fließt, denn dafür sind wiederum die Starter-Batterien nicht entwickelt worden.
Es sollte stattdessen eine "intelligente" Trennung von Starter- und Wohnraum-Batterien erfolgen.
Um dieses Ziel zu erreichen, kann man an Stelle des von Westfalia verbauten Trennrelais das
Büttner MT RE 140 Batterie-Duo-Relais 12V
einbauen (lassen). Dieses kostet aktuell (2021) ca. 50 Euro.
Das "intelligente" Büttner-Trennrelais verhindert, dass die Wohnraum-Batterien als zusätzliche Starter-Batterien zum Starten genutzt werden. Sie werden stattdessen erst dann zugeschaltet – dies erfolgt über die Spannungserkennung –, wenn der Motor bereits läuft.
Die Lebensdauer der Batterien wird somit deutlich über die im Nugget üblichen 5 Jahre verlängert, da jeder Batterie-Typ nur den Zweck erfüllen muss, für den er entwickelt wurde.
Optimierung 2: Nicht unbedingt ein Ladebooster, sondern FORScan auf 100%
Wenn die Lichtmaschine (auch Lima oder Generator genannt) nach Motorstart eine entsprechende Spannung liefert, werden die Wohnraum-Batterien mit einem recht hohen Strom geladen, der bis über 125A beträgt.
Es dauert daher nicht sehr lange bis die Wohnraum-Batterien wieder voll geladen sind. Theoretisch!
Als "voll" wird von der Ford-Fahrzeugsteuerung zwecks Optimierung der WLTP-Werte ein Wert von 80% der Ladung der Starter-Batterien (!) gesehen. Sind diese zu 80% geladen, schaltet die Ford-Fahrzeugsteuerung die Lichtmaschine ab, um Treibstoff zu sparen (und die WLTP-Werte somit "schön" zu halten).
In der Folge wird auch die Wohnraum-Batterie nur bis maximal 80% geladen.
Mittels eines zusätzlich eingebauten "Ladeboosters" (korrekter Lade-Wandler) wird das Trennrelais überbrückt und die Lichtmaschine lädt dauerhaft mit den vom Ladebooster erreichten Ampere. Der Votronic VCC 1212-30 z.B. lädt mit 30A, sprich 30 Ampere so lange, bis die Batterien zu 100% geladen sind.
Das ist deutlich langsamer, als die Lichtmaschine laden kann. Ein Ladebooster bremst somit leider das schnelle Wiederaufladen der Akkus durch einen geringeren, als den maximal möglichen Ladestrom, denn die Lichtmaschine lädt (siehe oben) mit bis über 125A in die Wohnraum-Batterien.
Das macht die Lichtmaschine allerdings nicht dauerhaft, denn die Ford-Fahrzeugsteuerung schaltet nach 80% ab.
Ford hat an den Starter-Batterien (!) einen Batteriesensor verbaut. Dieser misst Strom und Spannung und berechnet daraus den Ladezustand (SoC – State of Charge), den allgemeinen Zustand (SoH – State of Health) und vieles mehr. Ist eine Batterie komplett (tief-)entladen, ist der SoC-Wert 0%.
Eine AGM-Batterie sollte nicht unter 30% entladen werden. Gleichzeitig stoppt die Ford-Fahrzeugsteuerung das Laden bei 80%. Somit stehen tatsächlich nur 50% der Ladekapazität der Wohnraum-Batterien für Versorger zur Verfügung, nämlich der Bereich zwischen 30% Mindest-Ladung und 80% Ford-Ladung.
Das Problem dabei ist also, dass die Wohnraum-Batterien "parallel" zu den Starter-Batterien geschaltet sind und dadurch letztlich die Wohnraum-Batterien genauso im 80%-Bereich gehalten werden.
Dies kann man mit dem BlueBattery-Batterie-Computer messen (siehe
www.blue-battery.com).
Wird das System via FORScan – sprich einer Einstellung der Fahrzeugsteuerung – auf 100% Ladeleistung umgestellt, wird die SOC-Regelung ebenfalls auf 100% gesetzt und die Batterien somit auch zu 100% aufgeladen – dies schadet keiner der Batterien. Im Gegenteil: alle beteiligten Blei-Batterien (wie die standardmäßig eingebauten AGM-Batterien) schont dies letztendlich, da Blei-Batterien beim Zyklieren (Entladen, Laden) geschädigt werden (Bleischlamm, Lebenserwartung sinkt).
Somit gewinnen auch die Fahrzeug-Batterien von der Erhöhung auf 100%.
Mittels FORSCan kann man dies in der Fahrzeugsteuerung einstellen. Das sollte man sehr vorsichtig angehen oder besser Fachleuten – siehe conversmod.de – überlassen.
Das hierzu erforderliche umschaltbare (das Umschalten ist wichtig, denn sonst sind nicht alle Module zugänglich!) "OBD2U Diagnoseinterface für Ford, Mazda, Lincoln & Mercury" wird im FORScan-Shop unter „Komplettdiagnosegeräte“ geführt.
Zudem erforderlich ist die FORScan Software, die auf der FORScan-Webseite lizensiert werden kann.
Sie ist in englischer Sprache erhältlich, und zwar als Voll-Version ausschließlich für Windows.
Es gibt auch eine Lite-Version für iPhone und Android.
Hat man sich via FORScan mit der Fahrzeugsteuerung verbunden – hierzu gibt es im nuggetforum eigene FORScan Threads, in denen die Vorgehensweise erläutert wird –, kann man unter Body-Module (BdyCM) im Menü-Punkt "Module configuration" mit dem Untermenü-Punkt "Battery Target State of Charge, %" den Wert von 80 auf 100 ändern.
Dann werden die Batterien tatsächlich zu 100% geladen und ein zusätzlicher Ladebooster ist nicht notwendig.
Aber: gibt es dann nicht Probleme mit Ford oder mit Westfalia oder mit dem Ford-Händler, "wenn einmal etwas mit der Elektrik ist"?
Auf meine mehrfache Frage im nuggetforum (das ja aktuell (2021) seit fast 15 Jahren existiert), ob denn irgendjemand jemals einen Nachteil seitens Ford, Westfalia oder des Ford-Händlers hatte, weil Eingriffe an FORScan vorgenommen wurden, meldete sich niemand.
Für mich persönlich heißt dies, dass es Nachteile durch Eingriffe in FORScan in der Praxis (!) offensichtlich nicht gibt.
Sollte jemand einen tatsächlichen (!) Fall kennen, wäre das nuggetforum ein sehr guter Platz, diesen zu schildern.
Optimierung 3: Nicht zwingend Solar, da die Ladeleistung der Lichtmaschine ausreicht
Das regelmäßige Aufladen der Batterien an Landstrom – sprich durch die CEE-Steckdose von außen mittels eines Stromkabels – dient dazu, dass einerseits die Batterien bei langen Standzeiten nicht tiefentladen werden und dass sie andererseits bis zu 100% geladen werden.
Eine Alternative dazu, wenn man keinen Stellplatz mit Stromanschluss hat, ist eine Solaranlage. Sie lädt – je nach Leistung, gemessen in Wp (Watt Peak, das ist die theoretische (!) Spitzenleistung, die das Solar-Modul erzeugen kann) – im Stand die Batterie zu 100% auf, obwohl Verbraucher, wie etwa die Kühlbox des Nugget, laufen. Dolomiti zeigt in einem Thread sehr schön in einem Dauertest, dass mit 165 Wp auf dem Dach des Nugget auch langfristig die Wohnraum-Batterien des Nugget zu 100% geladen werden, obwohl die Kühlbox und andere Verbraucher angeschlossen sind.
Eine Solaranlage lädt allerdings nicht während der Fahrt, da die Batterien dann von der Lichtmaschine versorgt werden.
Fährt man, wird genügend Strom für die Batterien erzeugt. Hat man mittels FORScan eingestellt, dass die Batterien zu 100% geladen werden sollen, erfolgt das Nachladen schnell und vollständig.
Wie schreibt ein Nutzer im nuggetforum so schön (was natürlich sofort den Protest aller hervorruft, die auf die Natur achten): "Wenn ich wirklich mal mehrere Tage hintereinander frei stehe, dann ist das auch so einsam, dass man locker mal 20 Minuten den Diesel laufen lassen kann. Dies würde den Solarertrag von mehreren Tagen darstellen!"
Eine kurze Fahrt zum Einkaufen oder zum Tanken in den nächsten Ort, was auch bei Freistehern gelegentlich notwendig ist, sorgt also dafür, dass die Batterien wieder aufgeladen sind.
Eine Alternative für ein fest auf dem Nugget verbautes Solar-Modul ist ein Falt-Modul. Diese gibt es inzwischen bis über 200Wp. Auch hier sollte man darauf achten, dass diese an einen MPPT-Solar-Regler angeschlossen sind.
Auch Falt-Module funktionieren nur im Stand.
Sie haben den Vorteil, dass man sie stets genau in Richtung Sonne ausrichten kann, solange man in der Nähe des Nuggets ist und den Sonnenstand beobachtet.
Im nuggetforum erfährt man (anhand von tatsächlich durchgeführten Messungen) dass Falt-Module – selbst wenn sie "nur" diebstahlsicher hinter die Frontscheibe des Nugget gelegt werden – trotz dazwischen liegender Scheibe immer noch ca. 50% des Stroms erzeugen, den sie erzeugen würden, wenn sie frei aufgestellt wären.
So hat man eine einfache Zusatz-Lösung – etwa, wenn man viel wandern geht –, die aber abends, wenn keine Sonne mehr scheint, von der Wohnraum-Batterie abgetrennt werden sollte, da der Solar-Lade-Regler bzw. die Solar-Module selbst sonst (sehr langsam) die Wohnraum-Batterie entladen könnten.
So weit meine "Zusammenfassung".
Ich bitte – wie bereits anfangs erwähnt – um die Korrektur durch die Fachleute.
Danke
Gerhard